Mazars fordert verpflichtende Joint Audits für börsennotierte Unternehmen von öffentlichem Interesse

Presseinformation Wirtschaftsprüfung / verpflichtende Joint Audits / Mazars Austria
Wien, 18. Mai 2021

Gesetzlich festgelegtes „Vier-Augen-Prinzip“ bei Wirtschaftsprüfungen funktioniert in Frankreich seit Jahrzehnten – Vergleich zeigt: Honorare trotzdem niedriger – keine Skandale

Als Konsequenz aus dem jüngsten Bilanzskandal um die Commerzialbank Mattersburg fordert das Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen Mazars Austria die gesetzliche Einführung verpflichtender Joint Audits für börsennotierten Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIE) nach dem Vorbild Frankreichs. Der Grund: Mehr als 80 der rund 100 Unternehmen von öffentlichem Interesse in Österreich werden von den „Big Four“ Wirtschaftsprüfern geprüft. Die Folge: Zu wenig Konkurrenz, zu große Nähe und die Gefahr der Betriebsblindheit bei der Wirtschaftsprüfung.

„Niemand bezweifelt die Kompetenz von Deloitte, EY, KPMG und PricewaterhouseCoopers“, sagt Peter Wundsam, Managing Partner von Mazars. „Man muss sich aber schon fragen, ob vier Konkurrenten wirklich für höhere Qualität durch Wettbewerb reichen. In Frankreich etwa hat sich die Qualität der Prüfung durch die Einführung verpflichtender Joint Audits deutlich erhöht.“

So funktionieren Joint Audits

Bei Joint Audits wird nicht jede einzelne Unterlage doppelt geprüft. Zwei unabhängige Prüfungsgesellschaften planen die gesamte Prüfung, teilen die Gebiete auf, sorgen wechselseitig für die Qualitätskontrolle und einigen sich auf einen gemeinsamen Abschlussbericht. Dazu kommt: Ein Vergleich der Abschlussprüferhonorare von Frankreich und Großbritannien zeigt, dass in Frankreich die Honorare, trotz oder wegen der Joint Audits, sogar geringfügig niedriger sind. Ein weiterer Vorteil von Joint Audits: Eine asynchrone Ernennung von Wirtschaftsprüfern ermöglicht eine Pflichtrotation bei den Prüfungsmandaten ohne Risiko, dass Wissen verloren geht.

Frankreich zeigt, dass es klappt

In Frankreich sind Joint Audits – also ein verpflichtendes „Vier-Augen-Prinzip“ – für die Prüfung von börsennotierten Unternehmen seit Jahrzehnten gesetzlich vorgeschrieben. Die Folge: Bei mehr als der Hälfte der Abschlussprüfungen der 100 größten Unternehmen sind nicht-Big-Four-Gesellschaften eingebunden. Damit hat sich auch die Qualität der Prüfungen deutlich erhöht.

EU will mehr Marktvielfalt bei Abschlussprüfern

Mit der Richtlinie zur Abschlussprüferreform wollte die EU bereits 2016 mehr Marktvielfalt schaffen. Die obligatorische Rotation der Abschlussprüfer nach zehn bzw. 20 Jahren sieht Peter Wundsam auch als „ersten Schritt in die richtige Richtung, aber zu wenig, wenn immer nur die üblichen Big Four rotieren“.