Pillar II vor Umsetzung in Österreich

Der Entwurf des Mindestbesteuerungsgesetzes liegt vor.

Begutachtungsentwurf veröffentlicht

Am 3. Oktober 2023 hat das BMF den mit Spannung erwarteten Ministerialentwurf für das „Bundesgesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen“ (Mindestbesteuerungsgesetz – kurz MinBestG) veröffentlicht.

Mit der Mindestbesteuerung soll sichergestellt werden, dass Unternehmensgruppen mit weltweiten Konzernumsätzen von mindestens EUR 750 Mio einer effektiven Steuerbelastung von mindestens 15% unterliegen. Das neue Gesetz soll 83 Paragrafen umfassen und stimmt im Wesentlichen mit der entsprechenden EU-Richtlinie sowie den Model Global Anti Base Erosion (GloBE) Rules der OECD überein.

Die Begutachtungsfrist endet am 20. Oktober 2023, wobei aufgrund des knappen Zeitplans große Änderungen unwahrscheinlich sein dürften. In Kraft treten sollen die neuen Regelungen – von einigen Ausnahmen abgesehen – mit 1. Jänner 2024.

Das BMF geht aufgrund des neuen Gesetzes von zusätzlichen Steuereinnahmen in Höhe von etwa EUR 100 Mio pro Jahr aus.  

Hintergrund der Regelung: Der „Zwei-Säulen-Plan“ der OECD

Im Juli 2021 wurden seitens der OECD die Eckpunkte des sog „Zwei-Säulen-Plans“ beschlossen, der darauf ausgelegt ist, das internationale Steuerrecht grundlegend zu reformieren und die steuerlichen Herausforderungen der digitalen Wirtschaft aktiv anzugehen. Die erste Säule – „Pillar One“ – trägt der zunehmenden Bedeutung der „Digital Economy“ Rechnung und zielt auf eine Ausweitung und Neuverteilung von Besteuerungsrechten zwischen Ansässigkeits- und Marktstaaten ab.

Die zweite Säule – „Pillar Two“ – sieht die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung für große, multinationale Unternehmen vor. Die EU-Kommission hat bereits im Dezember 2021 einen Richtlinienvorschlag veröffentlicht, der – nach längeren politischen Diskussionen – am 14.12.2022 beschlossen wurde. Die Richtlinie verfolgt das Ziel, durch Einführung eines globalen Mindeststeuersatzes einen unerwünschten „race to the bottom“ im Bereich der Unternehmensbesteuerung zu vermeiden und künstliche Gewinnverlagerungen zu Konzerngesellschaften in Niedrigsteuerländer hintanzuhalten. Mit dem Mindestbesteuerungsgesetz soll nun die Umsetzung dieser Richtlinie in österreichisches Recht erfolgen.

Welche Unternehmen sind von den neuen Regelungen betroffen?

Von der Mindestbesteuerung sind grundsätzlich alle (multi-)nationalen Unternehmensgruppen betroffen, deren weltweiter Konzernumsatz in zwei der letzten vier Geschäftsjahren mindestens EUR 750 Mio. betragen hat. Das österreichische Mindestbesteuerungsgesetz richtet sich an inländische Geschäftseinheiten (z.B. Kapitalgesellschaften, Betriebstätte) solcher Unternehmensgruppen. 

Eckpunkte des Begutachtungsentwurfs

Die Ergänzungssteuern

Liegt der nach Maßgabe des MinBestG ermittelte effektive Steuersatz (im internationalen Sprachgebrauch: „Effective Tax Rate“ oder „ETR“) unter 15%, ist die Mindestbesteuerung anzuwenden und es muss eine Ergänzungssteuer erhoben werden. Hier sieht das Gesetz drei Möglichkeiten vor:

  • Nationale Ergänzungssteuer (NES): Die NES (international: „Qualified Domestic Minimum Top-up Tax“ oder „QDMTT“) betrifft sämtliche in Österreich gelegene Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe und dürfte künftig die größte praktische Relevanz haben.
  • Primär-Ergänzungssteuer (PES): Diese Form der Ergänzungssteuer ist im MinBestG für (zu) niedrig besteuerte Gewinne von ausländischen Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe mit oberster Muttergesellschaft in Österreich vorgesehen (international: „Income Inclusion Rule“ oder „IIR“).
  • Sekundär-Ergänzungssteuer (SES): Es handelt sich dabei im Wesentlichen um eine Auffangsteuer in Situationen, in denen weder die NES noch die PES erhoben werden. Der Anwendungsbereich dürfte erwartungsgemäß eher gering sein (international: „Undertaxed Profits Rule“ oder „UTPR“).

Wichtig ist, dass sowohl die NES als auch die PES auf Basis des jeweiligen Konzernrechnungslegungsstandards berechnet werden, was einen ganz wesentlichen Unterschied zur Steuerermittlung nach dem Körperschaftsteuergesetz (KStG) darstellt.

Die Safe Harbour-Regelungen

Das MinBestG enthält verschiedene Safe Harbour-Regelungen. Die praktisch wohl wichtigste wird der „NES Safe Harbour“ sein: Führt ein Staat eine entsprechende nationale Ergänzungssteuer ein, ist keine Detailberechnung der GloBE-Regelungen für Geschäftseinrichtungen in diesem Staat erforderlich (das heißt: der Ergänzungssteuerbetrag für PES und SES wird auf null reduziert).

Daneben gibt es eine Reihe von temporären Safe Harbours, die für die ersten drei Geschäftsjahre Erleichterungen vorsehen. Hier wurden drei Test eingeführt:

  • De-minimis Test: In dem betroffenen Land werden Mindeststeuer-Umsatzerlöse von weniger als EUR 10 Mio. und Mindeststeuer-Nettogewinne von weniger als EUR 1 Mio. erzielt.
  • Effektivsteuersatz-Test: Der Effektivsteuersatz entspricht zumindest dem Mindeststeuersatz oder liegt darüber.
  • Routinegewinn-Test: Mindeststeuer-Nettogewinn entspricht dem Substanzfreibetrag oder unterschreitet diesen.

Die Daten können vereinfacht dem länderbezogenen Bericht (CbC-Reporting) entnommen werden. Wird einer dieser Tests erfüllt, ist die Ergänzungssteuer in den ersten drei Jahren mit null festzusetzen, was eine erhebliche Vereinfachung darstellt und dadurch den Compliance-Aufwand verringert.

Tax Compliance und Mindestbesteuerungsbericht

Für die Erhebung der Mindeststeuer ist das Finanzamt für Großbetriebe zuständig. Die Steuer ist als Selbstbemessungsabgabe ausgestaltet und erfolgt somit über eine Voranmeldung und Selbstberechnung. Eine etwaige Mindeststeuer ist spätestens 24 Monate nach Ende des Geschäftsjahres fällig und wird lediglich von einer inländischen Geschäftseinheit geschuldet, die grundsätzlich von der obersten Muttergesellschaft bestimmt wird. Die übrigen inländischen Geschäftseinheiten haften allerdings für die gesamte Mindeststeuer. Ähnlich wie bei der Gruppenbesteuerung kann es Ausgleichszahlungen zwischen den inländischen Geschäftseinheiten geben, die steuerneutral sind.  

Jede im Inland belegene Geschäftseinheit hat einen Mindeststeuerbericht abzugeben. Enthalten sind darin insbesondere Angaben zur Berechnung des Ergänzungssteuerbetrages und des Effektivsteuersatzes sowie zur Inanspruchnahme von Wahlrechten (z.B. im Zusammenhang mit aktienbasierten Vergütungen). Diese Verpflichtung kann jedoch für alle inländischen Geschäftseinheiten auch etwa durch eine inländische Einheit oder die oberste Muttergesellschaft übernommen werden. Der Mindeststeuerbericht ist im ersten Jahr der Mindeststeuerpflicht 18 Monate, in späteren Jahren 15 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres einzureichen.

Vorsicht Finanzstrafrecht!

Die Mindeststeuer fällt unter den Anwendungsbereich des Finanzstrafgesetzes. Zusätzlich ist für die unterlassene, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Übermittlung des Mindeststeuerberichts in § 75 MinBeStG ein eigener Straftatbestand normiert. Bei Vorsatz droht eine Geldstrafe von bis zu EUR 100.000, bei grober Fahrlässigkeit von bis zu EUR 50.000.

Handlungsbedarf für Unternehmen – wir stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite!

Das Mindestbesteuerungsgesetz tritt bereits mit 1.1.2024 in Kraft. Unternehmen sollten daher ehestmöglich prüfen, ob die neuen Regelungen auf sie zur Anwendung kommen. Die Anpassung der internen Prozesse und Schnittstellen an die Anforderungen der globalen Mindestbesteuerung in Österreich aber auch in den anderen betroffenen Staaten stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. In einem ersten Schritt wird daher zu prüfen sein, ob Ihr Unternehmen Teil einer betroffenen Unternehmensgruppe ist. Wird ein Country-by-Country-Reporting erstellt, kann jedenfalls davon ausgegangen werden. Im nächsten Schritt wollte überprüft werden, ob die temporären Safe Harbour Regelungen Anwendung finden und damit Zeit für die Umsetzung gewonnen werden kann. Dafür steht auf Wunsch ein von Mazars entwickeltes Berechnungstool zur Verfügung.

Besonderes Augenmerk ist auf die Einhaltung der Tax Compliance, insbesondere im Zusammenhang mit der Abgabe des Mindestbesteuerungsberichts zu legen. Verstöße gegen die Compliance-Vorschriften können zu empfindlichen Strafen führen. Umso wichtiger ist es, das Thema Mindestbesteuerung ehestmöglich in das Tax Control Framework / Tax Compliance Management System des Unternehmens zu integrieren. 

Ihre Expert:innen von Mazars Austria unterstützen Sie gerne und entwickeln maßgeschneiderte Lösungen für Sie.